Bürgerentscheid "Entwicklung Hintere Insel"
Neue Frage und neues Datum
Der Stadtrat hat in seiner Sitzung vom 19.07.2022 beschlossen, die Bürgerinnen und Bürger Lindaus am 18. September 2022 in Form eines Bürgerentscheids über die Entwicklung der Hinteren Insel abstimmen zu lassen. Mehrere Mitglieder des Lindauer Stadtrates haben am Mittwoch, 3. August 2022, einen Antrag auf Durchführung einer Stadtratssondersitzung gestellt, um eine neue Fragestellung für das Ratsbegehren Entwicklung Hintere Insel beschließen zu können. Die unterzeichneten Stadträte kamen zu der Auffassung, dass die am 19. Juli beschlossene Frage in Teilen der Bevölkerung irritierend aufgenommen wurde. Diese Ansicht hat mittlerweile auch das Landratsamt als prüfende Behörde bestätigt.
In der Stadtratssondersitzung vom 16. August hat der Lindauer Stadtrat nun den am 19. Juli gefassten Beschluss zur Fragestellung des Bürgerentscheids über die Entwicklung der Hinteren Insel geändert. Auch das Abstimmungsdatum wurde um eine Woche nach hinten verschoben.
Somit stimmen die Lindauer Bürgerinnen und Bürger am 25. September 2022 über die Frage „Sind Sie dafür, dass auf dem aktuellen Parkplatz östlich des neu geschaffenen und zu bewahrenden Bürgerparks die vier südlichen Baufelder gemäß dem Rahmenplan für die Hintere Insel bebaut werden und die dafür notwendigen Planungsschritte auf den Weg gebracht werden?“ ab.
Durch das beschlossene Ratsbegehren „Entwicklung Hintere Insel“ möchte der Stadtrat die Möglichkeit geben, die Bürgerschaft erneut zu beteiligen und über die jahrelangen Planungen abstimmen zu lassen.
Quorum: Die gestellte Frage des Bürgerentscheides ist entsprechend der Mehrheit der abgegebenen Stimmen entschieden, falls diese Mehrheit das notwendige Zustimmungsquorum erfüllt. Die für das Quorum notwendige Stimmenanzahl beträgt derzeit 4.022, das sind 20 Prozent der derzeitigen Stimmberechtigten. Daher ist es, egal ob man für oder gegen die Bebauung der Hinteren Insel ist, auf jeden Fall wichtig, mit abzustimmen!
In den nächsten Wochen wird weiteres Informationsmaterial seitens der Stadtverwaltung herausgegeben, damit die Bürgerinnen und Bürger sich ein Bild von der bisherigen Entwicklung und künftigen Planungen machen können.
Diese werden auf der Internetseite der Stadt Lindau, in der Bürgerzeitung und auf den Social Media-Kanälen der Stadt veröffentlicht.
Weitere Infoveranstaltung am 20. September
Für alle, die bei der ersten Infoveranstaltung nicht dabei sein konnten, gibt es nun einen Folgetermin: Am 20. September, von 16 bis 20 Uhr, im Stadttheater Lindau. Diesmal wird es, neben den schon gezeigten Filmen, viele Informationen rund um den Rahmenplan geben. Die Experten erklären, wie die künftige Bebauung aussehen soll und was eine Konzeptvergabe beinhalten und regeln kann. Das bewährte Format wird beibehalten: Im Saal können neben den schon gezeigten Filmen auch zwei neue Filme in Dauerschleife angeschaut werden, im Foyer warten die Experten an Tischen auf die Fragen der Besuche
Film der Infoveranstaltung
Die Visualisierung zur möglichen bebauung der Hinteren Insel finden Sie auf unserem YouTube-Kanal. Hier sind auch die Experten-Interviews zu sehen.
Nach Erhalt der Abstimmungsbenachrichtigung können die Briefabstimmungsunterlagen direkt in der Verwaltung beantragen.
Nachstehend finden Sie unseren Faktencheck! Mit "Hintere Insel" sind nachführend immer die städtischen Flächen auf dem aktuellen Parkplatz gemeint.
1. Wieso soll überhaupt auf der Hinteren Insel gebaut werden?
Die Insel braucht mehr ganzjährige Einwohner. Sie ist unser Stadtzentrum und leidet seit Jahrzehnten an massivem Einwohnerschwund. Die Folgen sind eine zu starke touristische Prägung in der Saison und leere Gassen sowie geschlossene Geschäfte und Restaurants im Herbst und Winter. Es braucht mehr Menschen auf der Insel, die das ganze Jahr über ihre alltäglichen Bedürfnisse, wie die Nutzung von KITAs oder Schulen, Einkaufen, Dienstleistungen oder Ausgehen auf der Insel erledigen können. Und zwar zu Fuß oder mit dem Rad! Denn die Insel hat dafür die ideale Größe, sie ist ein Stadtteil der kurzen Wege. Viele Städte, auch Weltmetropolen wie Paris, nehmen sich diese Idee der kurzen Wege als Grundlage und versuchen nun, ihre Städte so weiterzuentwickeln, dass die alten Stadtquartiere wieder aufleben und ihre Bewohner in einem fußläufigen Umkreis von rund 15 Minuten alle alltäglichen Erledigungen zu Fuß verrichten können. Die Lindauer Insel hat diese strukturellen Voraussetzungen noch, das einzige, das fehlt sind genügend Bewohner. Mehr Bewohner sind auch die einzige Möglichkeit, die Insel das ganze Jahr über zu beleben und das im Sommer stark touristisch ausgeprägte Stadtbild zu korrigieren. Dazu soll lediglich ein Teil der Hinteren Insel mit Wohnungen bebaut werden.
Daher muss mit dem Blickwinkel der Insel klar gesagt werden: Es gibt dort keine anderen Bauflächen, um die Insel in ihrer Funktion als Stadtzentrum nachhaltig zu sichern.
2. Stimmt es, dass die ganze Hintere Insel bebaut werden soll? Ist der neu geschaffene Bürgerpark betroffen?
Nein. Die Planungen und Beschlüsse sehen lediglich eine Bebauung des Parkplatzes und zwar von vier der sechs Baufelder der städtischen Flächen, also im nördlichen Teilbereich, vor. Der jetzt schon vorhandene Bürgerpark bleibt völlig unangetastet und ist dauerhaft geschützt.
Grundlage des Konzeptes zur Hinteren Insel war, dass die Grünflächen bereits vor der Bebauung hergestellt werden. Im Oktober 2021 wurde dann beschlossen, dass sich der neue Skatepark auf der Hinteren Insel vergrößern darf. Er kann sich nach Süden, auf die Flächen der beiden nördlichen Baufelder, ausdehnen und seine Fläche so mehr als verdoppeln und hier vertraglich gesichert mindestens für die nächsten 20 Jahre bestehen. Insgesamt wird das Verhältnis zwischen Freiflächen und mit bebauten Flächen (Baufelder) bei rund 62 % Freiflächen und 38 % bebauter Flächen liegen.
3. Sollen, wie von einigen behauptet, 900 Wohnungen auf der Hinteren Insel entstehen?
Die Anzahl der Wohnungen steht noch nicht fest. Richtig ist, dass der Rahmenplan für die städtischen Flächen eine maximal mögliche Wohnungsanzahl von 457 Wohneinheiten ermittelt hat, wenn durchgehend Wohnungen mit 80 Quadratmeter Fläche gebaut würden. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lag die durchschnittliche Wohnungsgröße in Deutschland bei 92 Quadratmetern. Die Angabe vieler kleiner Wohnungen im Rahmenplan diente der Überprüfung, ob die Infrastruktur, also Straßen, Wege und Grünflächen, die neuen Bewohner auch bewältigen können.
Es ist aber gar nicht gewollt, dass auf der Hinteren Insel viele kleine Wohnungen entstehen. Wichtigste Zielgruppe sind vor allem Familien, die einen höheren Wohnflächenbedarf haben. Daher wird die durchschnittliche Wohnungsgröße deutlich ansteigen und dabei im Gegenzug die Anzahl der Wohnungen sinken. Die Wohnungsanzahl auf den städtischen Flächen auf der Hinteren Insel dürfte dann vermutlich bei 300 bis 350 Wohneinheiten liegen.
4. Führen die neuen Wohnungen nicht zu zusätzlichem Verkehr und zu einem neuen Parkplatzbedarf auf der Insel?
Im Rahmenplan wurde überprüft, ob das Straßennetz den zu erwartenden PKW-Verkehr aufnehmen kann. Das ist möglich, da auf der Hinteren Insel ausreichend Tiefgaragenstellplätze erstellt werden. Zwar steht die Anzahl der Wohnungen noch nicht fest, in den Tiefgaragen im Bereich der städtischen Flächen können aber circa 440 Stellplätze angeboten werden. Das bedeutet, dass bei der zu erwartenden Anzahl von ungefähr 300 bis 350 Wohnungen ausreichend Parkplätze vorhanden sind und so störender Park-Such-Verkehr vermieden werden kann. Der durch die neuen Bewohner der Hinteren Insel entstehende Verkehr ist nicht mit dem touristischen Verkehr zu vergleichen, da die Fahrbewegungen ohne Umwege zwischen Start und Ziel erfolgen und der lästige Park-Such-Verkehr entfällt.
Viel wichtiger ist, dass die geplanten Quartiere in direkter Verknüpfung zur Altstadt stehen und durch die zusätzlichen Bewohner eine erheblich bessere Auslastung der bestehenden Infrastrukturen erfolgen kann. Das bedeutet eine höhere Nachfrage nach ÖPNV-Angeboten, Angeboten der Nahversorgung und Dienstleistungen, wie Ärzten oder Schulen. Die Insel ist eine Stadt der kurzen Wege und strukturell und funktional so ausgebildet, dass all diese täglichen Erledigungen zu Fuß oder mit dem Rad erfolgen können. So kann das Auto meistens stehen bleiben.
5. Was soll dort für Wohnraum entstehen? Werden auch geförderte Wohnungen gebaut?
Auf der Hinteren Insel soll Wohnraum für alle entstehen. Es können dort Wohnungen von Wohnungsgesellschaften, Baugruppen, genossenschaftlichem Wohnen oder gefördertem Wohnungsbau Platz finden. Das Spektrum kann von Town-Houses, klassischen Familienwohnungen, Seniorenwohnungen, Wohngemeinschaften bis hin zu Cluster-Wohnungen reichen. Da es sich um städtische Flächen handelt, ist vieles möglich, und es kann und soll so eine Vielfalt von Wohnungsformen für eine Vielzahl von Bewohnern unterschiedlichster Einkommensgruppen entstehen. Nur eines soll nicht passieren: Die städtischen Bauflächen dürfen nicht spekulativ auf dem freien Markt verkauft werden.
Grundsätzlich fordert die Stadt bei größeren Wohngebieten ab einer Größe von 1.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche für Wohnen, die über das bereits zulässige Maß hinzukommt, einen Anteil von gefördertem Wohnungsbau von 30 Prozent. Das bedeutet, auch in diesen Quartieren werden 30 Prozent geförderte Wohnungen entstehen. Dies ist auch gewollt und sinnvoll, denn es gibt keine anderen Bauflächen auf der Insel, weder für geförderten noch freifinanzierten Wohnungsbau, die annähernd geeignet sind, die Insel in ihrer Funktion als Stadtzentrum zu sichern.
6. Entstehen auf der Hinteren Insel „große Baublöcke“?
Der Begriff Baublöcke ist irreführend und drückt auf den ersten Blick nicht aus, was geplant ist. Die Hintere Insel soll in Blockrandbebauung errichtet werden. Blockrandbebauung bedeutet nur, dass Gebäude an zwei Seiten aneinander stehen. Diese Gebäude stehen dabei auch mit ihrer Vorderseite unmittelbar an der Grenze zum öffentlichen Raum, so dass der klassische städtische Charakter entsteht, der historische Städte auszeichnet.
Sobald die Bebauung dann im Bereich von Kreuzungen „ums Eck geht“ entsteht ein Baublock. Das Wort Block steht hier nicht für monotone Bauträgerarchitektur, sondern für das Quarreé, das sich durch diese städtebauliche Anordnung ergibt. Sie ist ein wesentliches Merkmal des europäischen Städtebaus. Die ganze Lindauer Altstadt, wie auch die Altstädte der meisten europäischen Städte, ist in Blockrandbebauung errichtet.
Allerdings sind auf der bereits bebauten Insel die Innenhöfe auch meist dicht bebaut, was bei der Hinteren Insel nicht vorgesehen ist. Es soll vielmehr eine Abfolge aus öffentlichen Räumen, wie Straßen, Plätzen und Wegen, halböffentlichen Räumen, also den begrünten Innenhöfen und privaten Freiflächen wie Loggien und Balkonen oder Dachterrassen geben, und so die altstadttypische Vielfalt in hoher Qualität fortgeführt werden. Die Größe der einzelnen Baufelder und der Baukörper (Länge, Höhe und Breite) orientiert sich dabei an der Größe derer der Altstadt.
7. Was passiert, wenn die im Haushalt langfristig eingestellten 20.000.000 Euro Verkaufserlöse aus den Grundstücken von der Hinteren Insel aus dem Finanzplan/ Haushalt zu nehmen sind?
Welche Auswirkungen hat die Nichtbebauung der Hinteren Insel für unseren Haushalt?
Im Finanzplan für die Jahre 2023 bis 2025 sind Verkaufserlöse für Grundstücke auf der Hinteren Insel in Höhe von insgesamt 19,3 Mio. Euro enthalten. Sollte der Bürgerentscheid sich gegen eine Bebauung der Baufelder NORD aussprechen, würden Einzahlungen aus Verkaufserlösen in Höhe von 16,5 Mio. Euro wegfallen (Baufelder N1 bis N6 in den Bauabschnitte BA-N1 bis BA-N3). Die Baufelder MITTE (M1 und M2) könnten noch einen Verkaufserlös in Höhe von ca. 2,8 Mio. Euro erbringen. Bereits vorab wurde in städtischen Ausschüssen die Möglichkeit in Betracht gezogen, die beiden nördlichen Baufelder (N1 und N2) nicht mehr zu bebauen. Hierdurch würden unabhängig vom Bürgerentscheid Verkaufserlöse in Höhe von ca. 5,2 Mio. Euro wegfallen.
Die Verkaufserlöse sind zur Finanzierung von Investitionsmaßnahmen vorgesehen. Bleiben die Verkaufserlöse aus und wird an den vorgesehenen Investitionsmaßnahmen festgehalten, würde sich der Kreditbedarf erhöhen. Voraussetzung für die Aufnahme von Investitionskrediten ist allerdings, dass die Stadt die dauernde Leistungsfähigkeit nachweisen kann. Hierzu müsste die Zuführung aus dem Verwaltungshaushalt deutlich erhöht werden. Dies müsste über Konsolidierungsmaßnahmen (Erhöhung von Einnahmen und Kürzung von Ausgaben) umgesetzt werden. Darüber hinaus wäre bei den vorgesehenen Investitionen zu priorisieren.
Das Landratsamt Lindau hat bereits mehrfach auf den hohen Schuldenstand der Stadt Lindau und die schwierige Ertragslage im Verwaltungshaushalt hingewiesen.
8. Müssen Fördergelder, die im Rahmen der Wettbewerbe für die Hintere Insel bereits geflossen sind, gegebenenfalls zurückgezahlt werden? Wenn ja, von welcher Größenordnung sprechen wir hierbei?
Die Entscheidung, ob und inwieweit Fördergelder, die im Rahmen der Wettbewerbe für die Hintere Insel bereits geflossen sind, zurückzufordern sind, obliegt der Regierung von Schwaben. Betroffen könnte der im Bild unten dargestellte rote Förderbereich „Inselpromenade“ sein. Für den Bereich wurde eine Förderung in Höhe von 300.000 Euro bewilligt, die noch nicht in Gänze abgerufen wurde. Im schlechtesten Fall könnte auf die Stadt eine Rückforderung in Höhe von bis zu 150.000 Euro zukommen. Für die grün schraffierten Förderbereiche, zu denen auch der Bereich „Bürgerpark“ gehört, erhielt die Stadt EFRE-/ Gartenschaumittel in Höhe von insgesamt 2,56 Mio. Euro. Hier ist nicht mit einer Rückforderung zu rechnen, da der Bürgerpark nicht angetastet werden soll und im Bescheid auch kein Bezug zur späteren Entwicklung bzw. Bebauung der westlichen Insel enthalten ist.
9. Welche finanziellen Auswirkungen hat der vorläufig gestoppte Wettbewerb „Erschließungs- und Freiraumplanung Hintere Insel Lindau“ auf die Stadt, sollte der Wettbewerb nicht fortgesetzt werden können?
Es wird zunächst davon ausgegangen, dass der von Frau Oberbürgermeisterin Dr. Alfons vorläufig gestoppte Wettbewerb „Erschließungs- und Freiraumplanung Hintere Insel Lindau“ lediglich zu einer durch den Ratsentscheid bedingten zeitlichen Verzögerung führt, der vorläufige Stopp jedoch keine finanziellen Auswirkungen hat. Die Stadt Lindau hat für den „Ideen- und Realisierungswettbewerb Hintere Insel“ einen Förderbescheid in Höhe von 141.000 Euro erhalten. Durch den vorläufigen Stopp des Wettbewerbes ist ein Antrag auf Verlängerung des Bewilligungszeitraumes (aktuell 31. Dezember 2022) zu stellen. Eine vollständige Beendigung des Wettbewerbs könnte hingegen zur Folge haben, dass bisher entstandene Kosten und möglicherweise vertragliche Verpflichtungen von der Stadt alleine finanziert werden müssten. Ob und wie weit dies der Fall ist, wäre zu gegebener Zeit mit der Regierung von Schwaben abzustimmen.
10. Inwieweit steht ein kapitalisierter Erbbauzins für ein Grundstück auf der Hinteren Insel, beispielsweise für die Wohnbaugenossenschaft, dem Haushalt entgegen bzw. wäre das im Hinblick auf die Schuldentilgung von Nachteil?
Sollten die Grundstücke in allen acht städtischen Baufeldern nicht verkauft, sondern im Erbbaurecht vergeben werden, wäre ein Erbbauzins von 2 – 3 % für die überwiegend mit Wohngebäuden bebauten Flächen denkbar. Dies würde pro Wohneinheit eine jährliche Erbbauzinsbelastung von ca. 700 – 1.200 Euro bedeuten. Für den städtischen Haushalt könnte dies laufende Einnahmen in Höhe von 386.000 bis 579.000 Euro ergeben. Da Erbbauzinsen nach dem Verbraucherpreis indexiert werden, werden diese Beträge im Lauf der Jahre steigen. Wohnerbbaurechte werden in der Regel für mindestens 75 bis 99 Jahre vergeben. Die folgenden Darstellungen beruhen auf der Annahme eines Quadratmeterpreises von 870 Euro/m². Bei einem höheren Wert würden sich auch die Erbbauzinsen entsprechend erhöhen.
Der Erbbauzins wird zu Beginn der Vertragslaufzeit vom Grundstückswert abgeleitet. Bis zur Niedrigzinsphase konnte bei Wohnbaugrundstücken zwischen 2 und 4 % Erbbauzins ausgegangen werden. Wobei dieser für Mehrfamilienhäuser im oberen Bereich der Spanne lag. Für gemischt genutzte Grundstücke war eine Spanne von 4,5 – 5,5 % anzusetzen. In München betrug die Spanne 2018 für Geschosswohnungsbau bereits nur 1,7 – 3,1 %, 2011 lagen diese Werte noch bei 2,6 – 3,8 %. Insofern erscheint die o. g. Annahme im Moment noch realistisch. Erbbaurechte sind auch nur insoweit attraktiv, wenn die Erbbauzinsbelastung geringer ist als der Kapitalmarktzins.
Bei einem kapitalisierten Erbbauzins wird der Erbbauzins für die gesamte Laufzeit zu Beginn der Vertragslaufzeit bezahlt. Dies ist zwar grundsätzlich möglich, gilt aber nicht als marktgängig, da der eigentliche Anreiz des Erbbaurechts, die „Grundstücksmiete“ nicht in einem Betrag zahlen und finanzieren zu müssen, entfällt. Dies wurde auch bereits bei der Vermarktung des Limares dargestellt.
Würde man annehmen, dass keines der Grundstücke in den acht Baufeldern veräußert würde und Kreditaufnahmen über den gesamten Betrag von 19,3 Mio. Euro tatsächlich erforderlich würden, wäre selbst bei einer ungewöhnlich langen Laufzeit von 40 Jahren nicht einmal die Tilgung von durchschnittlich rund 480.000 Euro zu erwirtschaften. Die Zinslast würde je nach Konditionen wohl bei ca. 1 – 2 % liegen und noch einmal 190.000 bis 380.000 Euro bedeuten. Insgesamt wäre der Schuldendienst bei 40jähriger Laufzeit mit 590.000 bis 700.000 Euro anzunehmen. Dies könnte bei o. g. Erbbauzins-Sätzen nicht erwirtschaftet werden. Erst ab einem Erbbauzinssatz von über 3 % wäre der Schuldendienst unter o. g. Konditionen zu leisten. Dies würde eine entsprechende Mehrbelastung der Wohnungsinhaber bedeuten.
Bei einem, kapitalisierten Erbbauzins würde jedoch die o. g. Prämisse einer Kreditaufnahme entfallen, da der Wegfall des Verkaufserlöses größtenteils durch die Einmalzahlungen zu Beginn des Erbbaurechts ausgeglichen würde.
Es wird auch diskutiert, nur die Teilfläche für die genossenschaftliche Wohnbebauung im Erbbaurecht zu vergeben anstelle eines Verkaufs. Der Wegfall dieses Teil der Verkaufserlöse müsste ebenfalls kompensiert werden. Umfasst diese genossenschaftliche Bebauung im Erbbaurecht nur einen Teil eines Baufeldes könnte diese Teilfläche im Verhältnis zu den übrigen Flächen untergeordnet sein. In diesem Fall wäre es denkbar, dass ein laufender, indexierter Erbbauzins zur Finanzierung eines möglichen Schuldendienstes beitragen könnte. Es ist ebenfalls denkbar, dass der Wegfall des Verkaufserlöses für diesen untergeordneten Teil durch eventuelle Mehrerlöse bei den anderen Verkäufen ganz oder teilweise ausgeglichen werden könnte. Bei einem kapitalisierten Erbbauzins wäre der Ausgleich durch die Einmalzahlungen zu Beginn des Erbbaurechts möglich.
11. Wie viel müsste für weitere Grünenflächen und Bepflanzungen (gewünschter Park) investiert werden und wie hoch sind die entsprechenden zusätzlichen jährlichen Unterhaltungskosten?
Werden die Errichtungskosten des Bürgerparks herangezogen, der im Zuge der Gartenschau hergestellt wurde, ergibt sich eine Investitionssumme von 3,5 bis 4 Mio. Euro brutto (inkl. Planungskosten und Preissteigerungen). Der Unterhalt für die Fläche würde bei 75.000 bis 100.000 Euro pro Jahr liegen. Es wird darauf hingewiesen, dass es sich lediglich um eine grobe Kostenschätzung handelt. Insbesondere Altlasten und Entsorgungskosten, Sonderbauwerke (z. B. mögliche Tiefgarage unter dem Park, aufwändige Wasserspiele) sowie mögliche Förderungen sind in der Kalkulation noch nicht abschließend bewertet. Die Kosten für eine höherwertige Ausführung hängen maßgeblich von der Gestaltung und den Anforderung ab, die ohne Planung nicht bewertet werden können.
Wie bereits dargestellt, dürfte sich bereits die Finanzierung der im Finanzplan 2023 bis 2025 vorgesehenen Investitionen ohne die Verkaufserlöse schwierig gestalten. Ob und inwieweit darüber hinaus weitere Investitionen finanzierbar sind, kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden.
12. Können bei einer Bebauung des Parkplatzes weiterhin Veranstaltungen und Skateanlagenbetrieb auf der Hinteren Insel stattfinden?
Diese Frage kam schon ganz am Anfang der städtebaulichen Konzeption in Bezug auf das U & D der Hinteren Insel auf.
Sie wurde mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert und in die planerische Aufgabenstellung des Rahmenplans aufgenommen.Gemäß dem Rahmenplan für die Hintere Insel soll die Fläche am Gleisende bei der Eilguthalle als robuster Festplatz ausgebildet werden, auf dem das U&D und andere Feste wie ein vergrößerter Jahrmarkt oder auch eine erweiterte Hafenweihnacht Platz finden sollen, auch der Rummel des Kinderfestes könnte dort hinziehen.
Sobald die Bahn im Zuge ihrer Entwicklung diese Flächen freiräumt, soll der Platz an die Stadt übergehen (gemäß geschlossener Grundsatzvereinbarung mit der Bahn, die sich auf den Rahmenplan bezieht) und entsprechend hergestellt werden. Bis zum Einzug der ersten Bewohner/innen auf der Hinteren Insel, was noch Jahre dauern wird, kann das U&D auf alle Fälle weiterhin im Bürgerpark stattfinden. Sollte die Bebauung der Parkplatzflächen vor der Freimachung des Festplatzes abgeschlossen sein, werden bis dahin Ausweichflächen gefunden, wie dies jetzt jüngst mit dem Toskanapark der Fall war.
Im Zuge der notwendigen Bebauungsplanverfahren muss zwingend geklärt werden, welche immissionsschutzrechtlichen Konflikte zwischen einer Bebauung und der unterschiedlichen Nutzungen des Parks entstehen. Der Vorteil am bestehenden Konzept ist, dass der Bürgerpark und die Freizeitflächen, wie z.B. der Skateplatz, bereits vorhanden sind. Das bedeutet, dass im Bebauungsplanverfahren mit der Bebauung auf diese Nutzungen reagiert werden muss und nicht umgekehrt. Kurzum: Die Bebauung muss sich der Freizeitnutzung anpassen. Entsprechende Maßnahmen können dann z.B. passive Schallschutzmaßnahmen am Gebäude sein, wie die Orientierung der Ruheräume auf die lärmabgewandten Gebäudeseiten oder nicht-öffenbare Fenster. Das sind übliche Maßnahmen bei der Planung von Quartieren und Gebäuden.
Für besondere Feste wie das Kinderfest gibt es die Ausnahmeregelung der seltenen Ereignisse nach der Freizeitlärmrichtlinie, die für Feste mit hoher sozialer Akzeptanz und Adäquanz höhere Lärmwerte als üblich zulässt. Es ist davon auszugehen, dass Feste dieser Art davon abgedeckt und somit möglich sind.
13. Werden die Flächen auf der Hinteren Insel verkauft?
Das ist noch nicht entschieden. Bislang gibt es einen Beschluss des Stadtrates, dass die Bauflächen auf der Hinteren Insel nicht am freien Markt höchstbietend veräußert werden dürfen. Damit sollen Grundstücksspekulationen unterbunden werden. Die Auswahl der künftigen Bauherren soll vielmehr über sogenannte Konzeptvergaben erfolgen, bei denen sich Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften oder Baugruppen mit einem konkreten Konzept zu Wohnungsgrößen und Nutzungen bewerben. Der Stadtrat wählt dann das Konzept aus, das die größte gesellschaftliche und soziale Rendite einbringt, und nicht den größten wirtschaftlichen Ertrag. Hinsichtlich der Grundstücksvergabe sind sowohl Erbpachtmodelle oder Verkäufe denkbar. Letztendlich muss darüber der Stadtrat entscheiden, wenn die Konzeptvergaben vorbereitet und entscheiden werden. So kann sichergestellt werden, dass auf der Hinteren Insel keine Luxuswohnungen entstehen, sondern lebendige Quartiere geschaffen werden, die ein neues Zuhause für alle bieten.
14. Wie kann die Entstehung von Ferien- und Zweitwohnungen ausgeschlossen werden?
Für die Hintere Insel werden Ferienwohnungen über entsprechende Festsetzungen in Bebauungsplänen ausgeschlossen, so wie dies bei fast allen neuen Bebauungsplänen bereits der Fall ist.
Bei Zweitwohnungen kann eine Zweitwohnungssatzung ein wirksames Mittel sein, diese Wohnformen zu verhindern. Diese gibt es Lindau noch nicht und muss in absehbarer Zeit erarbeitet werden.
15. Was sind Konzeptvergaben?
Konzeptvergaben sind Steuerungsinstrumente der Stadtentwicklung zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Konzeptvergaben geben architektonische und gestalterische, soziale, funktionale sowie ökologische Kriterien für die Vergabe eines (städtischen) Grundstücks vor. Damit stellt die Kommune eine gesellschaftliche und soziale Rendite über einen rein wirtschaftlichen Ertrag, wie es bei einer Veräußerung nach Höchstpreis der Fall wäre. In vielen Kommunen werden Grundstücke nach einem vorher ermittelten Festpreis vergeben, um so Grundstücksspekulationen zu verhindern. Entscheidend für die Grundstücksvergabe ist damit das innovativste Konzept, das den größten Mehrwert für die Stadtgesellschaft bringt.
Konzeptvergaben richten sich an soziale wie zivilgesellschaftliche Wohnungsmarktakteure wie Baugenossenschaften und Baugemeinschaften. Aber auch öffentliche oder private Wohnungsgesellschaften, die Wohnungsgesellschaften, die Wohnungen vermieten, kommen für Konzeptvergaben in Betracht. Für Konzeptvergaben ist eine mehrstufige Vorgehensweise notwendig. Zunächst legt die Kommune die Kriterien für die Konzeptvergaben vor. Dann können sich die Interessenten in der Bewerbungsphase mit ihren Konzepten bewerben. In der Auswahlphase werden die Konzepte bewertet und das geeignetste Konzept ausgewählt. Bei all diesen Schritten ist eine Bürgerbeteiligung denkbar. Anschließend geht es an die Umsetzung.
16. Wie kann sich jeder einzelne an Konzeptvergaben beteiligen?
Interessierte können sich entweder bei Baugemeinschaften oder Baugenossenschaften engagieren oder sich als Mieter für eine Wohnung bewerben.